16. Dates und andere Umstände

Barby saß in Patricias Wohnzimmer, hatte Alexander im Arm und las ihm aus einem Buch vor, als plötzlich ihr Handy klingelte – eine Handy-Nr. rief an, sie wusste sofort wem sie gehörte und ihr Herz machte einen Sprung. Sie schob Alex ein Stück zur Seite und stand auf um im Flur zu telefonieren. „Hallo“ meldete sie sich. „Hallo“ tönte es auch von der anderen Seite „hier ist Ricardo Blas“. Ihr fiel seine tiefe, männliche Stimme angenehm auf. „Oh, das ist aber schön, dass Sie anrufen.“ – „Die Freude ist ganz auf meiner Seite. Ich würde Sie gerne heute Abend ins Tafelhaus einladen. Vorausgesetzt es passt Ihnen.“ Sie zögerte einen kleinen Moment „Ja, gerne. Wann soll ich da sein?“ – „Ich könnte Sie um 19.00 Uhr abholen?“ – „Oh ja, sehr gerne.“ Er klang sichtlich erleichtert „Sehr schön, dann bin ich heute Abend um 19.00 Uhr vor dem Haus Ihrer Schwester.“ Er legte auf.

 Woher weiß er wo ich wohne, überlegte Barby, dann fiel ihr allerdings ein, dass das alles in ihrer Krankenakte stehen musste. Ein Stechen machte sich in ihrem Bauch breit, es gefiel ihr nicht, dass er offensichtlich in ihre Krankenakte gesehen hatte. Dann aber überwogen die Freude und die Nervosität wegen des bevorstehenden Abends, sie zückte erneut ihr Handy, wählte eine Nummer und hielt sich das Mobiltelefon an das Ohr. „Hallo Kira, hier ist Barby. Sag mal, hättest du heute ein bisschen Zeit für mich?“
 

„Aaaaaand sheeeee saaaaaaiiiiid: IIIIIIII wiiiiill beeeeeeeeeeeee.... yoooooour briiiiiiiiiide....“ Als Kira das Badezimmer betrat stand Angelo unter der Dusche und sang lauthals seinen eigenen Song, sie kicherte und setzte sich im Schneidersitz auf den Toilettendeckel. Leider gestaltete sich das Haare waschen bei ihm immer relativ schwierig, daher wusste sie was gleich kommen würde und wartete grinsend. Und es kam wie sie vermutet hatte: Er stellte das Wasser ab und brüllte: „Kiiiiiiiiirrrraaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaa“ – „Ja“ antwortete sie in normaler Lautstärke. 

Er schob die Kabinentür der Dusche auf und sah sie verwundert an. Ihr Grinsen wurde immer breiter, während sie ihn ungeniert von oben bis unten betrachtete, wie er so wie Gott ihn schuf vor ihr stand. Er war vom Duschen noch ganz nass, die Wassertropfen glitzerten auf seiner Haut und es kribbelte in ihren Bauch. Nun waren sie schon so lange zusammen und hatten auch schon drei Kinder, aber sie liebte ihn immer noch aus vollstem Herzen und war glücklich mit ihm verheiratet zu sein. Ihm blieb natürlich nicht verborgen, dass sie ihn betrachtete „Hey, diesen Blick kenne ich“ bemerkte er anzüglich. Sie stand auf und stellte sich direkt vor ihn, stürmisch küsste sie ihn auf seine vollen Lippen und sanft strichen ihre Fingerspitzen über seine feuchte Schulter. Langsam wanderten ihre Finger zu seiner Brust, während er sichtlich erregt wurde. „Oh Kira“ stöhnte er, aber sie lächelte ihn nur schelmisch an, um dann fortzufahren womit sie aufgehört hatte. 

Sie spielte mit seiner Lippe und kaute vorsichtig darauf herum während ihre Finger nun seinen Bauchnabel umkreisten, in der Zwischenzeit versuchte er umständlich Kira ihren Pullover über den Kopf zu ziehen, dieser flog dann im hohen Bogen auf den Badezimmerboden. Neben dem Pullover landeten dann auch schnell ihre restlichen Klamotten. Sie küssten sich weiterhin innig und er streichelte ihre Brüste, dann wanderte sein Mund ihren Hals herunter, zärtlich küsste er jeden Zentimeter ihres Halses, sanft knabberte er an ihrer Schulter und seine Hände landeten schlussendlich auf ihrem Hintern. Kira begann zu stöhnen, als seine Hände weiter zwischen ihre Beine wanderten, sie lehnte sich an die Duschwand und schob die Beine ein wenig weiter auseinander. Während seine Finger mit ihr spielten, saugten seine Lippen an ihren Brustwarzen und Kiras Stöhnen klang immer tiefer. 

In diesem Moment wurde die Tür aufgerissen und Paddy stand im Badezimmer. Aufgeschreckt stellte Angelo sich bauchwärts vor seine Frau, so dass Paddy lediglich sein Hinterteil begutachten konnte. „Hups“ brachte Paddy hervor. „Ich wollte mir nur kurz die Hände waschen.“ Wie zum Beweis hielt er seine Hände hoch. Seelenruhig ging er zum Waschbecken, wusch sich die Hände, dann trocknete er sie gründlich ab und wandte sich dann wieder Richtung Tür. „So, ihr könnt nun weitermachen. Stellt euch einfach vor ich war gar nicht da.“ Dann schloss er die Tür und Kira und Angelo sahen sich an und prusteten los.  

Wie schön sie ist, dachte Angelo, als er Kira beim Lachen beobachtete. Und als wäre nichts gewesen machten die Beiden an der Stelle weiter, wo sie eben unterbrochen worden waren. Dann umschlang Kira Angelo mit ihren Beinen und er drang in sie ein, gemeinsam erreichten sie den Höhepunkt und lagen sich schließlich verschwitzt in den Armen. „Ach ja“ fiel Kira nach wenigen Minuten ein, als sie sich wieder gefangen hatte „warum ich eigentlich hier war: Barby hat mich gefragt ob ich mit ihr shoppen gehen würde. Ich möchte gerne, könntest du auf die Kinder aufpassen?“ Sie wusste, dass er ihr in dieser Situation keinen Wunsch würde abschlagen können, schließlich war sie eine Frau und wusste ihre Waffen zu nutzen. „Klar, kein Problem meine Süße. Für dich würde ich alles tun.“ – „Danke“ lächelte sie ihn dankbar an. Dann wusch sie ihm noch die Haare, duschte sich selbst und fuhr dann los zu Patricias Haus.

 

Als Patricia nach Hause kam, ging sie ohne Umweg ins Schlafzimmer und legte sich in Jacke und mit Schuhen auf das Bett. Denis war anscheinend mit den Kindern unterwegs und auch Barby schien nicht da zu sein, aber das war ihr in dieser Situation nur Recht, da ihre Gedanken erst einmal für sich selbst sortieren musste.  Der Arzt sagte, dass er es zwar nicht hundertprozentig sagen könne und dass erst Tests gemacht werden müssen, aber sie war trotzdem verunsichert. Was würde aus ihrer Familie, vor allem ihren Kindern werden, sollte sie an dem Tumor sterben. Tränen quollen aus ihren Augen und sie versuchte nicht sie zurück zu halten. Natürlich konnte es auch etwas anderes sein, vielleicht war es auch ein gutartiger Tumor, aber was wenn nicht? Sie mochte sich gar nicht ausmalen, was eine Chemotherapie für Nebenwirkungen mit sich bringen würde. Verzweiflung machte sich in ihr breit und sie malte sich das Schlimmste aus. Tief in ihrem Inneren wusste sie einfach, dass dies ein bösartiger Tumor war. Aber wie sollte sie dies ihrer Familie beibringen? Warum erwischte es sie? Warum in dieser Situation? 

In diesem Moment öffnete sich die Tür. „Trisha, was ist los?“ Barby hatte das Schluchzen gehört und sofort nachgesehen. Nun eilte sie zu ihr, setzte sich auf die Bettkante und streichelte ihrer Schwester über die Schulter. Kira, die Barby gefolgt war, hielt Patricia Taschentücher hin und setzte sich dann ebenfalls auf die Bettkante. „Was ist passiert?“ Doch Patricia war unfähig zu antworten und so ließen sie sie erst einmal ausweinen. Eine lange Zeit lang sagte niemand etwas, nur Patricias Schluchzen war ab und an zu hören, ansonsten beschränkten sie sich darauf Patricias Rücken und Schultern zu streicheln und ihr gelegentlich neue Taschentücher zu reichen. Kira hatte ihr in der Zwischenzeit die Jacke und die Schuhe ausgezogen. 

Dann setzte Patricia sich auf und holte tief Luft. „Sie haben bei mir einen Tumor gefunden. Im Unterleib.“ Mehr konnte sie nicht sagen, da ihr Körper erneut von Krämpfen geschüttelt wurde. Entsetzt nahm Barby ihre Schwester in den Arm und redete beruhigend auf sie ein „Ssscht... Ist gut, meine Liebe. Beruhig dich.“ Sie schaukelte sie wie ein kleines Kind hin und her und strich ihr über die Haare.  

„Was hat er denn genau gesagt?“ wollte Kira wissen, als Patricia sich wieder einigermaßen gefangen hatte. „Er hat gesagt, dass es möglicherweise ein Tumor sein könnte, aber dass er auch noch nicht mehr dazu sagen kann. Aber was soll es sonst sein? Mir ging es in letzter Zeit auch schon nicht gut. Mir war ständig schlecht und ich hatte Kreislaufprobleme und Unterleibsschmerzen hatte ich auch.“  Barby schob ihre Schwester ein Stück von sich weg und sah ihr ernst in die Augen „Hör mir zu, Trisha, alles wird gut. Und solange nicht bewiesen ist, was dieser Schatten zu bedeuten hat, solange machst du dich nicht verrückt. Hast du mich verstanden. Vielleicht war auch einfach nur der Monitor des Uralt-Ultraschallgerät dieses unfähigen alten Arztes verschmutzt. Wer weiß!? Vielleicht solltest du dich von einem anderen Arzt untersuchen lassen.“ - „Meinst du?“ schluchtze Patricia. Sowohl Kira als auch Barby waren überzeugt davon. „Ich geb dir mal die Adresse meines Arztes“ bestimmte Kira und lief los um die Visitenkarte aus ihrer Handtasche zu holen. 

„So, hier ist die Visitenkarte“ sie hatte die Karte und das Telefon in der Hand und hielt beides Patricia hin, während sie sich wieder auf die Bettkante setzte, die immer noch ganz warm war. „Du machst dort jetzt sofort einen Termin, okay?“ Ergeben nickte Patricia, rief dort an und bekam noch für diesen Nachmittag einen Termin. „Dann wird ich mich mal zurecht machen, so kann ich ja nicht in die Öffentlichkeit“ versuchte Patricia sich über sich selbst lustig zu machen und verschwand im Bad, aber nicht ohne sich vorher bei ihrer Schwester und ihrer Schwägerin zu bedanken.

Während Kira Barby auf ihr Date vorbereitete, sie schminkte, frisierte und ihr Karteikarten mit Gesprächsthemen vorbereitete (falls der Gesprächsstoff ausgehen sollte), machte Patricia sich frisch und rief sich dann ein Taxi, da sie in ihrem Zustand nicht selbst Auto fahren wollte.  Sie steckte den Kopf in Barbys Zimmer „So Mädels, ich bin weg. Drückt mir die Daumen.“ Ihre Stimme zitterte ein wenig, aber sonst hatte sie sich soweit gefangen „Aber... ääähm.... was macht ihr da?“ - „Ach ja“ rief Barby aus, „davon weißt du ja noch gar nichts. Ich hab heute Abend ein Date.“ - „Ein Date? Und das sagst du mir erst jetzt!? Mit wem denn?“ antwortete sie gespielt entrüstet. „Naja, vorher war ja nicht die Gelegenheit dazu. Ich treffe mich mit Dr. Blas. Der Arzt aus dem Krankenhaus, erinnerst du dich?“ – „Ob ich mich an den erinnere? Natürlich! Dieser gut aussehende junge Mann. Und er hatte keinen Ring, soweit ich mich erinnere“ sie lächelte und freute sich ehrlich für ihre Schwester, der sie so sehr wünschen würde, dass sie jemanden fände, der bis an das Ende ihres Lebens bei ihr bleibt. „Das ist mir auch aufgefallen“ lachte Barby. „Aber na ja, ich werde mal abwarten was der Abend bringt. Er hat mich zum Essen eingeladen.“ – „Na, dann bereite dich mal vor. Ich gehe derweil zum Arzt und hoffe das beste.“ Sie lächelte tapfer, doch bei diesen Worten zogen sich ihre Eingeweide zusammen und sie hatte schon wieder das Gefühl, sich übergeben zu müssen.  

Just in diesem Moment klingelte es jedoch an der Tür, so verabschiedete sie sich und trat aus der Tür hinaus. Dort glaubte sie ihren Augen nicht zu trauen. Es war doch tatsächlich schon wieder der sächsische Taxifahrer. Aber viel mehr erstaunte sie die Tatsache, dass der junge Mann, der sich von außen an das offene Fenster des Taxis lehnte und offensichtlich mit ihm lachte, niemand geringeres als ihr Bruder Jimmy war. Sie ging näher an das Taxi heran, aber niemand schien sie zu bemerken. 

„... und die hatte solche Dinger, sag ich dir. Das glaubst du gar nicht. Fast hätte sie mich damit erschlagen. Also... ich muss schon sagen, das fand ich richtig toll. Die musste ich natürlich sofort anfassen. Fühlt sich aber ganz normal an.“ Jimmy lachte laut und Patricia guckte erschrocken. Befummelte ihr Bruder etwa andere Frauen? „Ne, isch muss sachen, des isch des imma nisch soo toll finde. Isch mach ja lieba die Kleinen.“

„Hm Hm“ räusperte Patricia sich. Erschrocken schoben beide auseinander „Oh, Hi Trisha“ grinste Jimmy sie an und wollte sie umarmen. „Wie kannst du so normal sein? Du befummelst andere Frauen und tust einfach so als wäre nichts gewesen?“ - „Was tu ich? Hä?“ – „Ja, hast du doch gerade erzählt“ böse funkelte sie ihn an. „Solche Dinger hatte die“ äffte sie ihn nach, aber er schien das lustig zu finden und lachte noch lauter. „Kannst du mir mal verraten, was daran so lustig sein soll?“  - „Ja, das kann ich“ lachte er. „Wir haben über Wassermelonen gesprochen. Ich war gerade auf dem Markt und habe eine Wassermelone gekauft.“ Wieder lachte er lauthals und auch der Taxifahrer konnte nicht anders. Wie zum Beweis hielt Jimmy nun eine Tüte in die Höhe, in der er die Wassermelone, die wirklich groß war, transportierte. Nun konnte auch Patricia sich ein Grinsen nicht verkneifen „Da bin ich jetzt aber erleichtert. Aber sorry, Jimmy. Ich habe einen Arzttermin und hab keine Zeit für dich.“ - „Schade. Ich dachte wir könnten die Melone zusammen essen. Meike ist heute mit den Kindern unterwegs und ich bin so alleine zu Hause.“  - „Dann kümm doch mit zu mia“ warf der Taxifahrer ein. „Isch hab nischt vor und isch bin auch alleeine.“  „Gute Idee, dann fahren wir jetzt Patricia zu ihrem Arzt und dann killen wir gemeinsam die Wassermelone.“ Patricia wunderte sich zwar, wie es kam, dass die Beiden sich plötzlich doch so gut verstehen, aber sie wollte jetzt nicht nachfragen. Dies hob sie sich für später auf. So stiegen alle drei ins Taxi ein und fuhren Patricia zu ihrem Arzt.

 

 Patricia wurde schon beim Telefonat gewarnt, dass es zu einer längeren Wartezeit kommen könnte, aber als sie das Wartezimmer sah wurde ihr klar, dass das noch untertrieben war. Sie würde vermutlich hier übernachten können. Trotzdem setzte sie sich auf einen Stuhl und holte ihr Strickzeug raus. Stricken beruhigte sie immer ungemein. Plötzlich ertönte eine Melodie, die ihr bekannt vorkam, sie lauschte angestrengt und versuchte sie zu erkennen. Die anderen Patienten im Wartezimmer begannen schon zu tuscheln und sahen sie dabei an, doch Patricia merkte dies überhaupt nicht. Dann fiel es ihr ein: Das Lied war New York, New York. Lustig, dachte sie. Das Lied hab ich auch als Klingelton. Oh Oh... Das IST mein Klingelton, fiel es ihr Siedendheiß ein. Sie zog schnell ihr Handy aus der Tasche und sah auf dem Display, dass Kathy anrief. Was die wohl will? Überlegte Patricia und nahm gleichzeitig das Gespräch an. „Hallo“ flüsterte sie leise ins Mobiltelefon. „Hallo Trisha, hier ist Kathy. Wo bist du gerade?“ - „Ich sitze beim Arzt im Wartezimmer, deswegen kann ich auch nicht so telefonieren. Was gibt es denn?“ - „Tut mir leid,“ entschuldigte Kathy sich „aber ich habe hier ein dringendes Anliegen und das muss ich schnell mit dir besprechen. Hör zu: Ich weiß, normalerweise ignorieren wir solche Sachen, aber ich habe ein Schreiben erhalten in dem wir gebeten werden, zu neunt einen Auftritt zu absolvieren. Wir sollen 2 oder 3 Lieder singen...“ - „Kathy.... Du weißt genau, dass wir so etwas nicht mehr machen. Warum sollten wir hierfür eine Ausnahme machen?“ - „Ganz einfach: Weil wir für diesen Auftritt kein Geld bekommen würden, sondern alles direkt an eine Stiftung geht, die sich um misshandelte und vernachlässigte Kinder hier in Deutschland kümmert und weil ich finde, dass wir da ein gutes Vorbild abgeben könnten. Außerdem könnten wir damit unser Image wieder ein bisschen aufpolieren und dafür evtl. auch mal ein bisschen positive Presse bekommen.““
 

„Ich weiß nicht... Barby würde auf keinen Fall mitmachen, das möchte ich eigentlich auch nicht. Und Paddy wird leider auch nicht mitziehen. Und um die Beiden ging es doch die letzten Male in der Presse.“ - „Ich werde versuchen herunter zu handeln, ob wir auch evtl. zu siebt auftreten können. Ich habe aber schon einmal geguckt, bei Angelo und auch Jimmy sind zu der Zeit keine Termine, so dass es noch reinpassen würde. Ich hoffe, dass sie alle so mitziehen. Und ist doch egal ob Paddy und Barby dabei sind. Wir wollen doch mit unserer Musik punkten. Also, Patricia, was hältst du von der Idee?“ - „Ich bin mir immer noch nicht ganz sicher. Können wir da vielleicht heute Abend drüber sprechen? Lad doch unsere Geschwister alle in mein Haus ein, dann können wir das in der großen Runde besprechen. Wobei mir gerade einfällt, dass Barby heute Abend nicht da sein wird, aber das ist ja nicht ganz so schlimm.“ - „In Ordnung. Dann bis heute Abend. Ich informiere unsere Geschwister. Bye.“ - „Bye“ 

Sie legte wieder auf und dachte über Kathys Worte nach. Doch weit kam sie nicht, da sie schon aufgerufen wurde. Irritiert sah sie sich in der Runde um und sah den Unmut in den Gesichtern der anderen Wartenden. Sie hielt die Arzthelferin an und flüsterte ihr ins Ohr: „Hören Sie, die anderen warten doch schon viel länger als ich. Sollten Sie die nicht zuerst dran nehmen?“ - „Dies war eine ausdrückliche Anweisung der Frau Doktor. Dem möchte ich mich nicht widersetzen.“ 

Einerseits war Patricia ganz froh, dass sie dem Wartezimmer entkam, doch andererseits meldete sich ihr schlechtes Gewissen, weil sie mal wieder wegen ihres Namens bevorzugt wurde. Aber sie folgte der Arzthelferin in den Behandlungsraum und nahm dort Platz. „Die Ärztin kommt gleich, gedulden Sie sich bitte noch einen Moment.“  

Wieder musste sie warten, aber es dauerte nicht lange, da öffnete sich die Tür erneut und die junge Ärztin trat ein. Zuerst wurden ein paar Formalien geklärt, dann sollte Patricia erläutern, warum sie da war. Geduldig hörte die Ärztin ihr zu und wiederholte dann die gleichen Tests, die der erste Arzt bereits gemacht hatte. Dann wollte Patricia, dass die Ärztin ebenfalls einen Ultraschall des Unterleibes machte, also legte sie sich auf die Liege und machte ihren Bauch frei. Die Ärztin ließ das Gerät über Patricias Bauch wandern und sah sich den Monitor genau an, diese Ärztin war technisch sogar so gut ausgestattet, dass das Bild auch auf die Wand gegenüber projiziert wurde, so dass Patricia zugucken konnte. „Also. Sehen Sie hier, Frau Kelly. Hier ist der Schatten, den mein Kollege bereits entdeckt hatte. Ich sehe ihn also auch.“ Sie sah sich den Schatten genauer an und bewegte das Gerät wieder ein bisschen. „Und ich muss auch leider sagen, dass ich Ihnen noch nichts genaueres sagen kann, ohne noch einen Test gemacht zu haben. Aber machen Sie sich nicht verrückt, es gibt so viele Möglichkeiten, was es sein könnte. Sie können sich dann wieder anziehen.“ Sie hielt Patricia Papiertücher hin, damit sie sich den Bauch abwischen konnte und setzte sich wieder an ihren Computer und gab ein paar Daten ein. In Patricia meldete sich die Verzweiflung wieder und Tränen schossen ihr in die Augen. Sie war sich nun sicher, dass dies ein bösartiger Tumor war. 

„Alles in Ordnung bei Ihnen, Frau Kelly? Haben Sie noch etwas auf dem Herzen?“ Sie sah Patricia mitfühlend an.“ - „Ach, das ist bestimmt ein Tumor. Ich will nicht sterben.“ – „Ein Tumor? Wie kommen Sie darauf? Hat das mein Kollege gesagt?“ Patricia nickte nur und putzte sich die Nase. „Dem sollte man ein Berufsverbot erteilen. Ohne weitere Tests kann man das gar nicht sagen.“ Sie wartete, bis Patricia sich die Nase fertig geputzt hatte und sah sie dann an „Haben Sie eigentlich mal einen Schwangerschafts-Schnelltest gemacht?“ - „Was?“ Patricia sah sie verwirrt an. „Naja, wenn Sie sagen, dass sie sich sicher sind, dass es nur ein Tumor sein kann, haben Sie dann die anderen Möglichkeiten schon ausschließen können?“ - „Nein, ich habe keinen Test gemacht. Meinen Sie... Ich könnte...“ - „Ich will Ihnen keine Hoffnungen machen. Ich weiß es nicht, ich bin auch kein Gynäkologe. Ich wollte lediglich wissen ob Sie diese Möglichkeit bereits ausschließen konnten.“ - „Ich bin schon seit längerem überfällig...“ Patricias Stimmung schwankte zwischen zu-Tode-betrübt und Himmelhoch-jauchzend. Sollte dieser Schatten etwa nur ein drittes Baby sein? „Könnten Sie das auch testen?“ – „Ja, natürlich werden wir das tun.“ Patricia verabschiedete sich schließlich von der Ärztin, ging kurz ins übervolle Wartezimmer, zog dort ihre Jacke wieder an und verließ das Gebäude.  

Direkt nebenan befand sich eine Apotheke, sie stellte sich vor das Schaufenster und überlegte ob sie sich einen Schnelltest besorgen sollte. Aber was wäre, wenn dieser negativ ausfiele? „Hallo Patricia“ wurde sie aus ihren Überlegungen gerissen. „Oh, Hi Paddy. Was machst du denn hier?” Das war nun etwas, was sie gerade gar nicht gebrauchen konnte. Wie sollte sie jetzt unbeobachtet einen Schwangerschaftstest kaufen? „Das gleiche könnte ich dich fragen, schließlich stehst du vor dem Schaufenster einer Apotheke und guckst dir die Thrombosestrümpfe und Keileinlagen an.“ Verwirrt sah sie in das Schaufenster. Er hatte Recht, das war ihr bisher aber gar nicht aufgefallen. „Naja, man wird sich ja wohl mal Gedanken über das Älterwerden machen dürften.“ versuchte sie sich herauszureden. Er grinste nur „Ah ja...“ – „Ach ja übrigens“ versuchte sie schnell das Thema zu wechseln „heute Abend findet ein Treffen bei mir statt. Bitte komm doch.“ - „Was feiern wir denn dieses Mal? Haste uns was mitzuteilen? Bist du schwanger?“ Er lachte über seinen Witz, er konnte ja nicht ahnen wie es in seiner Schwester aussah. „Ha Ha Ha. Nee, Kathy will mit uns etwas besprechen.“ – „Schade, ich dachte schon es gibt wieder eine Party. Da hätte Angelo mir dann wieder die Nase brechen können.“ Er lachte sein dreckiges Lachen. 

„Ich dachte ihr versteht euch jetzt wieder?“ – „Keine Angst, Tisha. Das tun wir auch. Ach übrigens: Angelo wird sich die Haare abschneiden.“ - „Waaaaas?“ sie brüllte fast. Sie liebte die Haare ihres jüngsten Bruders. „Das kann er doch nicht machen. Du nimmst mich doch auf den Arm.“ - „Sorry, dass ich dir nichts anderes sagen kann, aber er müsste jeden Moment hier auftauchen. Wir wollen dort zum Frisör.“ Er zeigte mit dem rechten Arm auf die gegenüberliegende Straßenseite.  Und als hätte Angelo es geahnt, kam er in diesem Moment um die Ecke gelaufen. 

„Hey, what’s up?“ begrüßte er seine Geschwister. Patricia umfasste seine Schultern „Bitte Angelo, tu das nicht. Ich flehe dich an.“ - „Oh Paddy, du hast gepetzt. Ich wollte doch alle damit überraschen. Nicht einmal Kira weiß davon. Aber sorry, Trisha, es stimmt. Heute müssen meine langen Haare dran glauben.“ - „Willst du es dir nicht noch mal eine Nacht durch den Kopf gehen lassen? Das ist keine Entscheidung die du leichtfertig fällen solltest. Bitte Angelo, bitte!“  - "Nein. Ich habe es mir nicht leicht gemacht, das kannst du mir glauben. Mit dieser Überlegung schlage ich mich schon lange herum. Aber ich bin nun zu dem Entschluss gekommen, dass ich eine Veränderung benötige. Und wie kann ich das besser ausdrücken als indem ich meine langen Haare abschneide.“ Patricia kamen schon wieder die Tränen. „Oh Angelo... Nein...“ - „Jetzt versuch nicht mir ein schlechtes Gewissen zu machen,“ lachte er „das zieht nicht. Mein Entschluss steht.“

„Sorry, Patricia,“ schaltete Paddy sich wieder ein „aber wir müssen jetzt zum Friseur. Angelos Termin ist in 5 Minuten.“ - „Das könnt ihr nicht machen. Paddy hat dich doch bestimmt dazu überredet“ versuchte sie einen neuen Anlauf zu starten, doch es war zwecklos. Angelos Meinung stand und somit verabschiedeten sich die zwei Brüder und verschwanden im Friseurgeschäft. Als die Beiden im Geschäft verschwunden waren nutzte Patricia schnell die Gelegenheit und kaufte sich in der Apotheke gleich zwei Schwangerschaftsschnelltests. Sicher ist sicher, dachte sie sich.

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Kommentare: 4
  • #1

    Die Micha (Sonntag, 10 Oktober 2010 19:16)

    Mann, Mann, Mann, ich finde ältere Ärzte sollten in Rente gehen, ich bin kein Arzt und habe das von vornherein geahnt!:-)

  • #2

    strangersworld (Dienstag, 12 Oktober 2010 22:32)

    Der Arzt sieht seine Patientin aber auch immer nur wenige Minuten :-P
    Aber der hier ist wirklich kein sonderlich vorbildliches Exemplar :-P

  • #3

    Sophie (Montag, 02 Mai 2011 13:19)

    Angelo mit kurzen Haaren, das kann und will ich mir nicht vorstellen.

  • #4

    Caroline (Dienstag, 24 Januar 2012 17:42)

    Boa wie konnte paddy so die Stimmung versauen!!! Voll lustig... Nur an Angelos und Kiras stelle wäre mir der spass vergangen...mhhh